Materialien, Mechanik und Multiphysik – Ein Interview mit Prof. Erik Bitzek
Wer Professor Erik Bitzek Detailverliebtheit unterstellt, liegt möglicherweise gar nicht so falsch: Der Werkstoffwissenschaftler von der FAU hat sich in seinem Beruf den Atomen verschrieben – und den Kräften, die zwischen ihnen wirken. Wir haben mit Professor Bitzek über seine Arbeit und das internationale interdisziplinäre Symposium, das er zurzeit in Erlangen veranstaltet, gesprochen.
Herr Bitzek, ein wichtiger Teil Ihrer Arbeit besteht darin, am Rechner die Bewegung einzelner Atome zu verfolgen, wenn Kräfte auf diese wirken. Wozu dieses aufwendige Unterfangen?
Sich einzelne Atome anzuschauen, mag in Anbetracht so großer Herausforderungen wie Anlagen sicherer und Turbinen effizienter zu machen oder die Lebensdauer von Windrädern zu verlängern natürlich zunächst einmal komisch erscheinen. Allerdings spielen sich viele wichtige Prozesse auf der atomaren Skala ab: Ob ein Riss entsteht und ein Bauteil bricht, hängt von der Stabilität einzelner atomarer Bindungen ab. Verschleiß findet statt, wenn wenige Atomlagen aneinander reiben. Zusätzlich können chemische Reaktionen wie Oxidation das Materialverhalten beeinflussen. All diese Prozesse können heutzutage auf dem Computer simuliert werden.
Und genau darum geht es auf unserer Tagung: Wir bringen Expertinnen und Experten aus ganz unterschiedlichen Feldern wie der Materialwissenschaft, der Physik, Chemie aber auch aus Biologie und dem Ingenieurwesen zusammen. Diese untersuchen zwar verschiedene Systeme, aber verwenden sehr ähnliche Methoden. Wir glauben, dass hier besonders auch der wissenschaftliche Nachwuchs von einem engen Austausch profitieren kann sowie neue Ideen entstehen können.
Wozu braucht man dieses Wissen in der Praxis?
Wenn man versteht, was auf atomarer Ebene passiert, kann man Werkstoffe entwickeln, die beispielsweise härter oder bruchfester sind oder geringere Reibung aufweisen. Ebenso kann man die Lebensdauer von Batterien verbessern oder auf Basis von quantenmechanischen Rechnungen stärkere Magnete entwickeln. Außerdem hilft solches Wissen bei der Konstruktion und Auslegung von Bauteilen sowie der Festlegung von Wartungsintervallen.
Sie sehen, dieses Thema ist extrem wichtig für die Wirtschaft, aber auch im Alltag. Um qualifizierte Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler aus aller Welt in diesem Feld zu fördern haben wir in der FAU ein Graduiertenkolleg zur skalenübergreifenden Simulation eingerichtet, um neue Forschungsansätze für Materialversagen zu entwickeln.
Das Symposium ist eine Kooperationsveranstaltung der FAU mit der Universität Tokio. Was verbindet die Erlanger Werkstoffwissenschaftler mit den japanischen Fachkollegen?
Professor Yoshitaka Umeno und ich haben bereits vor sechs Jahren ein akademisches Austauschprogram zwischen dem Institute of Industrial Science der Universität Tokio und der Technischen Fakultät der FAU initiiert, welches bei unseren Studierenden sehr beliebt ist. Ganz allgemein passen die Forschungsfelder und Innovationskraft der FAU sehr gut zur hoch-dynamischen japanischen Forschungslandschaft. So wurde auch erst kürzlich ein Graduiertenkolleg der Erlanger Werkstoffwissenschaftler gemeinsam mit dem Nagoya Institute of Technology ins Leben gerufen, welches neuartige Energieumwandlungssysteme erforscht.
Weitere Informationen
Prof. Dr.-Ing. Erik Bitzek
erik.bitzek@fau.de